Folsäure/Folat

Ebenso wie Vitamin B12 ist Folsäure für die Synthese von DNA und RNA und den fehlerfreien Ablauf der Zellteilung unabdingbar. Auch am Proteinstoffwechsel und der Bildung von Hämoglobin ist Folsäure beteiligt. Folsäure ist wichtig für das Nervensystem und das Immunsystem und senkt den Homocysteinspiegel (Risikofaktor u. a. für Thrombosen, Herz-Kreislauferkrankungen und Demenz). Während der Schwangerschaft ist Folsäure für das Schließen des Neuralrohrs notwendig. Die Empfehlung, mindestens 4 Wochen vor der Empfängnis und während der ersten 10 Wochen der Schwangerschaft Folsäure einzunehmen, ist allgemein bekannt. Die Anwendung nach der 10. Schwangerschaftswoche ist jedoch ebenfalls sicher und kann von Vorteil sein.

Quellen

Folsäure ist in grünen (Blatt-) Gemüsen, Obst, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten und in geringerem Maße in Milch und Milchprodukten enthalten.


Qualitätsaspekte

Folsäure (Pteroylmonoglutaminsäure), die aus Gründen der Stabilität meist in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt wird, ist die synthetische oxidierte Form des natürlichen, sehr instabilen Folats (Tetrahydrofolat). Folat bezeichnet die Summe in der Nahrung vorkommenden und vom Körper verwendeten folatwirksamen Verbindungen. Folsäure (aus Nahrungsergänzungsmitteln) muss vom Körper in Tetrahydrofolat und danach in 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) umgesetzt werden. Neuesten Untersuchungen zufolge verläuft dieser komplexe Umwandlungsprozess im Körper sehr langsam und ineffizient. Die Nahrungsergänzung mit 5-MTHF umgeht dieses Problem und sorgt dafür, dass dieser Stoff sofort vom Körper verwendet werden kann. Die Bindung von 5-MTHF als Glucosaminsalz macht es möglich, die biologisch aktive Form stabil zu halten, und sorgt für optimale Resorbierbarkeit. Darüber hinaus kann die Verbindung im Gegensatz zu der „normalen“ synthetischen Form der Folsäure die Blut-Hirn-Schranke passieren. Dabei zeigen Studien, dass das als Glucosaminsalz gebundene 5-MTHF eine höhere Wasserlöslichkeit, Stabilität und biologische Verfügbarkeit hat als das als Calciumsalz gebundene 5-MTHF.


Anzeichen eines möglichen Mangels

Ein (lange anhaltender) Folsäuremangel kann sich unter anderem in einer megaloblastären Anämie, einem erhöhten Homocysteinspiegel, Herz-Kreislauferkrankungen, der Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten, Depressionen, einem erhöhten Krebsrisiko und Schwangerschaftskomplikationen (Fehlgeburt, vorzeitige Plazentalösung, Neuralrohrdefekte und andere angeborene Missbildungen beim Kind) manifestieren.


Indikationen

  • Geringe Folsäureaufnahme mit der Nahrung
  • Erhöhter Folsäurebedarf (intestinale Malabsorption, Lebererkrankungen, Nierendialyse, Alkoholkrankheit)
  • Megaloblastäre Anämie
  • Schwangerschaft/Kinderwunsch
  • Hyperhomocysteinämie
  • Prävention der Altersschwerhörigkeit (Presbyacusis)
  • Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD)
  • Depressionen
  • Krebsprävention (Brust, Gebärmutterhals, Prostata, Dickdarm, Mastdarm, Bauchspeicheldrüse)
  • Vitiligo
  • Fruchtbarkeitsstörungen (Männer)
  • Prävention (altersbedingter) Verschlechterung kognitiver Funktionen und Demenz
  • Prävention Schlaganfall
  • Restless-Legs-Syndrom

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber Folsäure (selten)


Anwendungshinweise

  • Allgemeine (Erhaltungs-) Dosierung: 400-800 µg/Tag)
  • Allgemeine therapeutische Dosierung*: 800-5000 µg/Tag)
  • Hyperhomocysteinämie: 800-1000 µg/Tag. Nehmen Sie neben Folsäure zusätzlich auch Vitamin B12 (400-1000 µg/Tag) und Vitamin B6 (20-50 mg/Tag) ein.
  • Prävention der Altersschwerhörigkeit: 800 µg/Tag
  • Subfertilität bei Männern: 2000-5000 µg/Tag (in Kombination mit Zink)
  • Schwangerschaft/Kinderwunsch: 400-800 µg/Tag in den Monaten vor und nach der Empfängnis (bei Neuralrohrdefekt in der vorigen Schwangerschaft 4000 µg/Tag)

* Verwenden Sie Folsäure vorzugsweise in einer geringeren Dosis als der tolerierbaren Höchstaufnahmemenge (upper limit oder UL) von 1000 µg Folsäure pro Tag.

* Bei der Supplementierung mit Folsäure muss der Vitamin-B12-Status gut im Auge behalten werden, vor allem bei Dosierungen oberhalb 1000 µg Folsäure pro Tag (verwenden Sie dann in jedem Fall ein Multipräparat oder einen Vitamin-B-Komplex mit ausreichend Vitamin B12).

* B-Vitamine haben untereinander starke Wechselwirkungen. Verwenden Sie daher neben einem einzelnen (hochdosierten) B-Vitamin vorzugsweise einen Vitamin-B-Komplex (oder ein Multipräparat mit B-Vitaminen).


Wechselwirkungen

  • Folsäure reduziert die toxischen Wirkungen von Methotrexat. Die Supplementierung mit Folsäure verringert nicht die Wirksamkeit von Methotrexat bei Rheuma und Psoriasis, möglicherweise aber wohl bei Krebs.
  • Phenytoin und andere Antikonvulsiva (darunter Primidon und Carbamazepin) erhöhen den Folsäurebedarf. Die Supplementierung mit Folsäure kann jedoch den Blutspiegel des Antikonvulsivums absenken, wodurch dieses weniger wirksam ist. Es ist daher wichtig, den Blutspiegel des Arzneimittels zu überwachen.
  • Folsäure kann die Wirksamkeit von Cholinesterasehemmern bei Alzheimer erhöhen.
  • Folsäure kann die Wirksamkeit von Antidepressiva, Antidiabetika und Antihypertensiva erhöhen.
  • Verschiedene Arzneimittel, darunter Barbiturate, die Antibabypille, Colestipol, Cycloserin, Diuretika (darunter Triamteren), Nitrofurantoin, NSAIDs, Salicylate, Aminosalicylsäure, Methotrexat, Cholestyramin, Chloramphenicol, H2-Rezeptor-Antagonisten, Colchicin, Antazida, Trimethoprim, Metformin, Sulfasalazin und Corticosteroide können den Folsäure-Status negativ beeinflussen. Die zusätzliche Einnahme von Folsäure kann angebracht sein.
  • Folsäure verhindert möglicherweise eine Nitroglycerin-Toleranz.
  • Eine hohe Dosis Folsäure kann die Toxizität von 5-Fluoruracil und Capecitabin erhöhen. Seien Sie bei Anwendung dieser Antikrebsmittel mit der Folsäure-Supplementierung vorsichtig.
  • Zur Umsetzung von Folsäure in die aktive Form ist Vitamin B12, Niacin und Vitamin C erforderlich.
  • Vitamin C vermindert die Ausscheidung von Folsäure.
  • Eine hohe Folsäureeinnahme kann die Zinkaufnahme verringern.
  • Alkoholkonsum und Rauchen können den Folsäurebedarf erhöhen.
  • Grüner Tee kann die Aufnahme von Folsäure senken.

Sicherheit

Folsäure wird in einer Dosis von bis zu 1000 µg pro Tag (UL, upper limit) gut vertragen. Dosen über 1000 µg pro Tag können Magen-Darm- oder Hautbeschwerden verursachen. Eine hohe Folsäure-Dosis in Kombination mit einem Vitamin-B12-Mangel kann eine Neuropathie hervorrufen oder verschlimmern. Kombinieren Sie Folsäure daher vorzugsweise mit einem Vitamin-B-Komplex und/oder einem Multipräparat, das ausreichend Vitamin B12 enthält.


Literatur

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