L-Cystein: die zentrale Verbindung des Schwefelstoffwechsels im Körper

L-Cystein (umgangssprachlich L-Zystein) ist eine nichtessentielle (bzw. semiessentielle) proteinogene schwefelhaltige Aminosäure. Es ist instabil und kann leicht in Cystin umgewandelt werden. Cystin ist ein Dimer bestehend aus zwei Molekülen L-Cystein, die über eine Schwefelbrücke mit einander verbunden sind. L-Cystein ist besser wasserlöslich als Cystin und wird daher vom Körper schneller und besser aufgenommen und zeigt gewöhnlich bessere Wirkungen als Cystin. L-Cystein wird aus der essentiellen schwefelhaltigen Aminosäure L-Methionin gebildet, deren ausreichendes Vorhandensein ein äußerst wichtiger Faktor für die Versorgung des Körpers mit L-Cystein ist und oft ein limitierender Faktor ist. Deshalb wird es mittlerweile auch zu den semiessentiellen Aminosäuren gerechnet. Es wird unter anderem auch benötigt für die Synthese von Insulin und Verdauungsenzymen.

Vorkommen

L-Cystein ist die Hauptschwefelquelle unserer Ernährung und es kommt in fast allen Proteinen vor. Es ist in Lachs, Garnelen, Truthahn und Hühnerbrust, Sojabohnen, Rindfleisch, Cashewnüsse, Weizenkeime, Mais und Milchproteine enthalten.

Tagesbedarf

Der Tagesbedarf von L-Cystein wird auf 13mg/kg Körpergewicht geschätzt. Es wird zwar in der menschlichen Leber vom Körper synthetisiert und ist somit nicht essentiell, aber trotzdem deckt diese Synthese den Eigenbedarf des Körpers nicht vollständig ab. Für die Cystein-Synthese wird Vitamin B6 benötigt. Da die L-Cystein-Biosynthese allein oft nicht ausreicht ist der Körper zusätzlich zur körpereigenen Produktion auf eine zusätzliche Aufnahme von L-Cystein über die Nahrung angewiesen, um den täglichen Bedarf abzudecken. Es kommt dabei aber immer nur zu einem geringen Prozentsatz (ca. 2 %) in Proteinen vor, so dass es einer besonders abwechslungsreichen Ernährung bedarf, um einer Unterversorgung entgegenzuwirken.

Dosierung

L-Cystein wird zur sowohl zur Deckung des Tagesbedarfes als auch in der Prävention und Therapie von Krankheiten eingesetzt. Als Nahrungsergänzung zur Deckung des Tagesbedarfes werden 0,5 – 1,5g L-Cystein pro Tag verwendet. Bei chronischen Kranken kann die L-Cystein Synthese eingeschränkt sein. Personen mit chronischen Krankheiten können daher oft höhere Mengen an L-Cystein als normal benötigen, zum Beispiel bis zu 1g dreimal täglich einen Monat lang.

Kombination mit anderen Nährstoffen

L-Cystein wird oft auch in Verbindung mit anderen Nährstoffen gegeben welche Synergien entwickeln können mit L-Cystein: zum Beispiel mit Vitamin C (im Verhältnis 1:3, also z.B. 500 mg Cystein und 1500 mg Vitamin C) oder anderen Nährstoffen wie Selen, Vitamin B2, Vitamin B6 (wichtig für die L-Cystein Biosynthese), Vitamin E, Panthothensäure, Methionin.

Physiologische Funktionen von L-Cystein

L-Cystein kann im Körper aus Methionin synthetisiert werden und ist die zentrale Verbindung des Schwefelstoffwechsels im menschlichen Körper. Viele schwefelhaltige Substanzen im Körper leiten sich vom L-Cystein ab. Es ist zusammen mit Panthothensäure an der Synthese von Fettsäuren beteiligt, die für Aufbau und Erhalt von Nervenzellen gebraucht werden. L-Cystein kann in die Aminosäure Taurin umgewandelt werden, die für Nerven-, Verdauung- und Herz- Kreislauf-System bedeutsam ist.

Glutathion

L-Cystein ist Teil des natürlichen antioxidativen Schutzschildes im menschlichen Stoffwechsel. Zusammen mit Glycin und Glutaminsäure bildet L-Cystein das Tri-Peptid “Glutathion”. Glutathion ist ein wasserlösliches Antioxidans und einer der stärksten antioxidativen Substanzen im Körper überhaupt. Über die Bildung von Glutathion kann L-Cystein somit zur Bekämpfung schädlicher freier Radikale beitragen, was sich vorbeugend bei degenerativen Krankheiten auswirken kann. L-Cystein soll auch Radioaktiver Strahlung entgegenwirken (u.a. auch der Hintergrundstrahlung aus dem Weltraum) vermutlich über die Bildung von Glutathion und soll so unsere Zellen vor Schäden und Alterung durch Strahlung schützen. Dies könnte erklären, warum die Gabe von Cystein das Leben von Tieren substanziell verlängern kann. Glutathion hemmt außerdem entzündliche Reaktionen und steigert die Produktion von Abwehrzellen des Immunsystems. Gleichzeitig regt es die Produktion sogenannter Leukotriene an, welche die Arbeit der weißen Blutkörperchen unterstützen und als chemische Botenstoffe fungieren. Im Falle eines Cysteinmangels kann es daher zu vermehrten Infektionen und Entzündungsreaktionen kommen, und zu einer stark abnehmenden Zahl der natürlichen Killerzellen. Glutathion ist auch an der Regeneration der Vitamine C und E beteiligt.

L-Cystein für Ältere Menschen

Da L-Cystein die Synthese des antioxidativen Glutathions unterstützt und gleichzeitig in dieser Form gespeichert werden kann (freies L-Cystein ist sehr instabil), hat es einen entscheidenden Anteil an der Reduktion entzündlicher Prozesse die maßgeblich für die Zellalterung verantwortlich sind. Dies wirkt sich auch in einer Verlangsamung des Alterungsprozesses und nach neueren Erkenntnissen sogar in einer vorbeugenden Wirkung gegen Alzheimer und Multiple Sklerose aus, da diese Erkrankungen mit einer Anreicherung toxischer Stoffe verbunden sind.

Für gesunde Haut und Haare

L-cystein Haut und HaareL-Cystein ist besonders wichtig für eingesundes Wachstum von Haut und Haaren. Es ist die biochemisch aktivere Form der schwefelhaltigen Di-Peptids Cystin, das für die Hautbildung unentbehrlich ist. L-Cystein-Mangel hemmt die Protein-Synthese des wachsenden Organismus und stört das Wachstum der Haare. L-Cystein kommt in Alpha-Keratin vor, dem Hauptprotein in Finger- und Zehennägeln, Haut und Haaren. Diese Aminosäure hilft bei der Produktion von Collagen und unterstützt die Spannkraft und Struktur der Haut. L-Cystein beschleunigt auch den Heilungsprozess der Organe nach Operationen oder bei Verbrennungen. Es stärkt das Bindegewebe und steigert die Festigkeit des Bindegewebes über die Bildung von Schwefelbrücken.

Schleimhäute

Wegen seiner Fähigkeit, Schleim im Atmungssystem zu zersetzen, ist L-Cystein oft bei der Behandlung von Bronchitis, Lungenemphysem und Tuberkulose von Nutzen. Es unterstützt die Heilung von Atemwegsleiden. Zu diesem Zweck wird es oft in Form von N-Acetyl-Cystein (NAC) verabreicht. N-Acetyl-Cystein ist ein wirksames und zugelassenes Arzneimittel welches als Schleimlöser gegeben wird. Es hat auch positive Effekte auf die Schleimhäute des Magen und Darmtraktes. Ähnlich wie Glutamin kräftigt es die Magen- und Darmwände (Salim 1993)1 und kann diese so vor schädigenden Effekten bestimmter Medikamente schützen.

Schwermetallentgiftung

L-Cystein kann Schwermetalle über Schwefelbrücken komplexieren und diese ausleiten helfen. Es trägt zur Entgiftung bei, indem es mit eingelagerten Schwermetallen in unseren Zellen, besonders Kupfer, Verbindungen eingeht und diese damit ausscheiden hilft. Aufgrund dieser schwermetallausleitenden Eigenschaften des L-Cysteins kann es bei längerer übermäßiger Einnahme zum Mangel an Spurenelementen wie Kupfer, Mangan und Kobalt kommen. Es verbindet sich mit löslichem Eisen und unterstützt dadurch die Eisenaufnahme was dafür spricht es zusammen mit den Mahlzeiten aufzunehmen.

Leberschutz

L-Cystein ist Teil des Glutathions, das zum stärksten Entgiftungssystem des Menschen in der Leber gehört. Glutathion hilft Leber und Gehirn sich vor Schäden durch Alkohol, Drogen und toxischen Verbindungen in Zigarettenrauch zu schützen.

Anwendungen bei erhöhtem Bedarf

Der Bedarf an L-Cystein und Glutathion kann nach Operationen und ernsthaften Verbrennungen erhöht sein und auch bei:
  • belastenden Altersprozessen und chronischen Krankheiten
  • Leberkrankheiten
  • Atemwegserkrankungen, z.B. Bronchitis, Sinusitis, Asthma
  • Arthritis (rheumatische Arthritis)
  • einem schwachen Immunsystem
  • Belastungen z.B. durch Medikamente, Schwermetalle, Pestizide, Zigarettenrauch etc.
  • grauem Star (Katarakt)
  • Haarausfall, Glatzenbildung
  • hohem Alkoholkonsum
  • Parasitenbefall
  • chronischen degenerativen Krankheiten
  • Parkinson
  • Arteriosklerose (Arterienverhärtung)
  • Mutagene Leiden wie Krebs empfohlen
  • Magenentzündungen
  • Schuppenflechte.

Immunsystem

L-Cystein ist für die Funktion der Zellen des Immunsystems von besonderer Bedeutung (Dröge 1991)2. Oxidativer Stress aktiviert pro-inflammatorische Prozesse die dann langfristig die Ursache für die Entwicklung verschiedener degenerativer Erkrankungen sind. Man geht heute davon aus, dass die Reduktion reaktiver Radikale auch die Entzündungsreaktionen im Körper senkt, und dass dies sowohl präventiv als auch bei bestehenden Erkrankungen von Nutzen ist. Es kann die Entzündungsreaktionen im Körper vermindern und somit schnellere Heilungsprozesse ohne Komplikationen ermöglichen (Jones 2009)3. Eine positive Wirkung von L-Cystein wurde auch auf das Immunsystem von immungeschwächten HIV-Patienten gefunden (Dröge 1992, Dröge 1993).4,5

Osteoporose

Es wurde gefunden, dass niedrige Knochendichten meist eng mit geringen L-Cystein-Plasmakonzentrationen verbunden sind. In einer Studie wurde gezeigt, dass eine Supplementation mit L-Cystein die Aktivität der Osteoklasten verminderte, und gleichzeitig die bei Osteoporose herabgesetzte Kollagensynthese steigerte (Baines 2007).6 Auf diese Weise kann dem Knochenschwund entgegengewirkt werden.

Risiken bei Überdosierung

Effekte bei akuter Überdosierung

Bei der Einnahme einer zu hohen Dosis kann es akut zu Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel führen. Dann sollte die tägliche Dosis reduziert werden. L-Cystein Gaben können die Insulinkonzentration im Blut vermindern, so dass es bei Diabetikern einer eventuellen Anpassung der Antidiabetika Dosierung bedarf. Bei vorliegendem L-Cystein Mangel kann durch die Gabe von L-Cystein ein Zustand der Euphorie ausgelöst werden. Dies kann unter anderem bei Krebspatienten die Fall sein die häufig an starkem L-Cystein-Mangel leiden.

Effekte bei dauerhafter Überdosierung 

  • es kann zur Bildung von Nieren- und Blasensteinen kommen
  • die Insulinwirkung kann gestört werden
  • es kann zum Mangel an Spurenelementen wie Kobalt, Kupfer oder Mangan kommen.

Referenzen

  1. Salim AS. Sulfhydryl-containing agents in the treatment of gastric bleeding induced by nonsteroidal anti-inflammatory drugs. Can J Surgery (1993) 36: 53-58.
  2. Dröge W, Eck HP, Gander H, Mihm S. Modulation of lymphocyte functions and immune responses by cysteine and cysteine derivatives. Am J Med (1991) 91: (suppl 3C) 140S-44S.
  3. ScienceDaily: Targeting oxidized cysteine through diet could reduce inflammation and lower disease risk; Mar. 31, (2009). http://shared.web.emory.edu/whsc/news/releases/2009/03/targeting-oxidized-cysteine.html
  4. Dröge W, Eck HP, Mihm S. HIV-induced cysteine deficiency and T-cell dysfunction – a rationale for treatment with Nacetylcysteine. Immunol Today (1992) 3:211-214.
  5. Dröge W. Cysteine and glutathione deficiency in AIDS patients: A rationale for the treatment with N-acetyl-cysteine. Pharmacol (1993) 46: 61-65.
  6. Baines M et al.: The Association between cysteine, bone turnover, an low bone mass; Calcif Tissu Int. (2007).
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